Gefahr für Lavendelfelder

Der Lavendelbestand in der Provence wird durch eine Krankheit bedroht, die durch ein von winzigen Zikaden übertragenes Bakterium namens Stolbur-Phytoplasma ausgelöst wird. Der Erreger führt dazu, dass die Pflanzen kleinere Blüten bilden und vertrocknen.

Mit ihrem Brummen prägen die Zikaden die Akustik der Provence. Die Insekten sind in Südfrankreich eigentlich sehr beliebt: Als Glücksbringer zieren aus Porzellan nachgeformte Exemplare viele Hauseingänge und Wohnräume. Doch die Glasflügelzikade Hyalesthes obsoletus ist alles andere als beliebt: Das vier Millimeter große Tier überträgt seit geraumer Zeit eine Krankheit. Beim Saugen an der Lavendelpflanze wird diese Krankheit übertragen. Zwar kommen Forscher dem Erreger allmählich auf die Schliche, doch die Seuche ist schwer zu stoppen.

Durch die Krankheit sind 10.000 Arbeitsplätze in Gefahr

Der Lavendel sieht nicht nur gut aus, er enthält auch ätherische Öle. Aus dem Öl der Lavendel destillieren etwa 2.200 Lavendelbauer die duftenden Essenzen. Die 10.000 Arbeitsplätze, die direkt von der Lavendelproduktion abhängen, sind durch die Zikaden in Gefahr. Mit dem Öl lässt sich gutes Geld verdienen: Bis zu 150 Euro bringt ein Liter des Lavendelöls. So entstand aus der schönen Pflanze in den vergangenen Jahrzehnten ein regelrechter Markt. Der jährliche Umsatz des Lavendel wird auf 30 Millionen Euro geschätzt. Die von den Glasflügelzikaden übertragenen Stolbur-Phytoplasmen, das sind gefährliche Bakterien, bedrohen also eine ganze Region. Bei ihrer Mahlzeit an der Lavendel werden die Bakterien übertragen. Sie breiten sich über das Leitgewebe der Pflanze aus und verstopfen die Nährstoffkanäle.

Vor allem junge Pflanzen sind betroffen

Gerade junge Lavendelpflanzen sind betroffen, sie werden gelb, bilden keine Blüten mehr und verkümmern“, sagt Éric Chaisse, Direktor von Crieppam, einer Forschungseinrichtung für Lavendel und andere Aromapflanzen in Manosque. Die Folgen: Ein sonst zehn Jahre stabiler Busch, welcher jedes Jahr eine umfangreiche Ernte erlaubt, müsste nach aktuellem Stand schon nach drei Jahren gerodet und ersetzt werden.

Was wir wissen über Südfrankreich

  • Das Pathogen ist in Frankreich nachgewiesen. Laut der EPPO‑Datenbank ist es dort „present, restricted distribution“ verzeichnet. gd.eppo.int+2ephytia.inra.fr+2
  • In Süd‑/Südost‑Frankreich wurde das Stolbur‑Phytoplasma im Zusammenhang mit dem Verfall von Lavendelfeldern („lavender decline“) identifiziert: In Untersuchungen wurden in Lavendelpflanzen in Südfrankreich Infektionen mit Ca. P. solani detektiert, mit einer Häufigkeit von etwa 19 % bis 56 % je nach Saison und Sorte. agris.fao.org+1
  • Laut Vigi‑Semences / INRAE ist das Pathogen für solanaceous Pflanzen (Tomate, Kartoffel) in Frankreich vorhanden und wird durch Insekten‑Vektoren (z. B. Zikaden) sowie Pflanzenreservoiren verbreitet. ephytia.inra.fr

In der Schweiz ist das Stolbur‑Phytoplasma im Moment noch kein grosses akutes Schadenereignis bei allen Kulturen – aber das Risiko wächst. Besonders bei gewissen Kulturen, Randlagen, und wenn das Klima günstiger für Überträger wird, besteht Handlungsbedarf. Es gilt also: aufmerksam bleiben, vorbeugend handeln, gute Fruchtfolge und Feldrand‑Management betreiben.

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